Turnfahrt – Läuft bei uns…

Müsste ich die Turnfahrt mit nur drei Stichworten beschreiben, fiele die Entscheidung ziemlich leicht: Herausfordernd. Schweisstreibend. Steil. Ich wage sogar zu behaupten, dass diese Turnfahrt als eine der steilsten in die Geschichte eingehen wird…

Bereits mit dem ersten Infoschreiben wurde schnell klar: Das wird wohl kein Zuckerschlecken. Ein fahrtüchtiges, geländegängiges Bike, hervorragend gepackter Rucksack und Kraftfutter für den Aufstieg waren die Devise. Dieser Anweisung folgend traf sich die 10-Köpfige Turnfahrt Crew früh morgens in Affoltern am Albis. Nur ein Turnfährtler hatte «geländegängig» wohl überlesen, sorgte das Velokörbchen auf dem Gepäckträger doch für einiges Schmunzeln unter den Teammitgliedern… Zumindest hatte das Velokörbchen-Chic keine Last auf dem Rücken zu tragen. Etwas Neid kam da ja schon auf. Nun denn, das erste Zwischenziel wurde von unserem Leader offenbart: Kanton Schwyz.

Nach knapp eineinhalb Stunden Zugfahrt mit schöner Panoramaaussicht wurde es dann schon zum ersten Mal ernst. Der Höhepunkt unserer Velotour heute sollte der Gätterlipass werden. Bis dahin noch nie von ihm gehört, wird er uns nun wohl für immer in Erinnerung bleiben. Denn bis zum Ziel erwarteten uns rund 1200 Höhenmeter. So radelten wir los, die ersten drei Minuten noch entspannt und gut gelaunt, bis uns auch schon der erste Anstieg begrüsste. Der Steilheitsgrad war da bereits auf hohem Niveau… Im Nachhinein lachen wir darüber, nun wissend, was uns dahinter noch erwarten würde. Die nächsten zwei Stunden hiess es einfach bergauf, bergauf, bergauf. Zwischendurch mal eine kleine Verschnaufpause, für manche auch gerne als Fluchpause genutzt. Dann wieder bergauf, bergauf, bergauf. Nach gut 45 Minuten und knapp 600 Höhenmeter dann die erste Kraftfutter-Tankung. Ab da an änderte sich das Szenario frappant. Vorher noch einem angenehmen, asphaltierten Weg folgend, sahen wir uns nun mit einem gekiesten, noch steileren Anstieg konfrontiert. Das Kies wechselte sehr schnell in grössere Steinbrocken. Spätestens jetzt beneidete niemand mehr das Velokörbchen-Chic. Selbst die routinierten Velofahrer unter uns waren bald gezwungen, den Sattel zu verlassen und das Gefährt zu stossen. Und so folgte für die nächsten 30 Minuten ein ausgiebiges Arm- statt Beintraining. Da kam uns die Beiz gerade gelegen. Mitten im Gebirge, etwas versteckt auf einer schönen Anhöhe, thronte ein kleines aber feines Restaurant mit malerischer Aussicht auf den Vierwaldstättersee. Eine Abkühlung musste her! Körper und Psyche wurden eine kurze Pause gegönnt, bevor es an die nächsten Höhenmeter ging. Was keiner von uns für möglich hielt, wurde war: Es ging tatsächlich noch steiler. Selbst beim Laufen war es teils schwer, genügend Halt zu finden. Es hätten sich schon fast Wanderschuhe gelohnt. Dann, endlich, ein kleiner Lichtblick. Es schien schon fast, als hätten wir das Gröbste geschafft. Es folgte gar ein kleiner Abstieg. Die Aufregung war deutlich spürbar, wie Kleinkinder, denen gerade ein Eis versprochen wurde. Rauf auf den Sattel und loooos! Zack. Die Freude nahm ein jähes Ende, lächelte uns hinter der nächsten Kurve doch schon der nächste Mr. Steilhang entgegen. Halleluja. Und die Wanderung ging weiter. Was man allerdings sagen muss: Die Kulisse war atemberaubend. Was hinsichtlich unserer Situation nicht ideal war, kamen wir doch so schon genügend ins Schnaufen. 😉 Nebst uns selbst lief auch der Schweiss auf Hochtouren. Ja, an diesem Tag entsprangen zehn neue Wasserquellen im Kanton Schwyz. Es dauerte etwa nochmals knapp eine Stunde, bis wir den tatsächlichen Höhepunkt endlich erreicht hatten. Oder war es kürzer? Das Zeitgefühl ging gänzlich verloren… Aber dennoch, der Gätterlipass war bezwungen! Und wir wurden mit einer fantastischen, idyllischen Aussicht belohnt. Endlich Mittag. Nach dem Auffüllen von Salz- und Kohlenhydratetank blieb noch etwas Zeit, das Ambiente und die Ruhe zu geniessen. Es wurde getratscht, gestichelt und viel gelacht. Ein Zeichen dafür, dass es uns allen noch gut ging. Die Stimmung wurde umso heiterer hinsichtlich dessen, was uns erwartete: Ein laaaanger Weg bergab. Das erste Mal an diesem Tag konnten wir unsere Velos im höchsten Gang fahren, was ein Spass! Wir genossen den Fahrtwind, bis wir am anderen Fussende des soeben erklommenen Berges ankamen. Eine kleine Erfrischung später liessen wir uns von einer Fähre von Gersau auf die andere Seeseite transportieren. Der ein oder andere ging vermeintlich davon aus, dass sich die Velotour nun langsam dem Ende neigte. Ha, wie naiv. Es lagen noch stolze 26 km Weg vor uns. Dieser zog sich dem Vierwaldstättersee entlang Richtung Luzern City. Wenigstens war er flach. Als hätten wir nicht schon fünf Stunden Velofahrt in unseren Beinen, spulten wir die letzte Etappe ab, als gäbe es kein Halten mehr, ständig auf der Jagd nach dem Windschatten anderer Velofreaks. Erschöpft und verschwitzt erreichten wir dann endlich unsere Herberge. Mit einem Hopfen- oder Traubensaft stiessen wir auf unsere heutige Meisterleistung an, bevor es dann – selbstverständlich frisch geduscht und umgezogen – in die Stadt ging (zur Freude aller dieses Mal mit Bus). In einem gediegenen Restaurant wurde so richtig zugeschlagen. Eine kurze Verdauungspause. Es folgte ein Spaziergang zu einer Bar und endete auf der Tanzfläche eines Nachtclubs. Unsere Beine hatten schliesslich noch nicht genug Training erhalten heute… Dazu nur so viel; Die Schweissdrüsen wurden wieder ordentlich aktiviert und Kalorien verbrannt. 😉

Der Sonntagmorgen war weniger ver(muskel)katert als erwartet und wir kamen schnell in Fahrt… wortwörtlich. Doch bevor wir wieder ernsthaft in die Bresche steigen mussten, genossen wir erstmal einen ausgiebigen Brunch. Gemütlich war es, wir genossen jede Minute. Ganz unter dem Motto «Lachen ist gesund» wurden heute erstmal unsere Bauchmuskeln trainiert… sozusagen das Warm-Up. Die Stimmung war erstaunlich locker, trotz dem Wissen, dass ein erneuter, langer Heimweg vor uns lag. Gegen den frühen Mittag machten wir uns dann an die zweite Etappe. Heutiges Ziel: Horben. Nochmals ein paar Höhenmeter also, aber im Vergleich zur gestrigen Tour im Grunde ein Kinderspiel. So verliefen die ersten paar Kilometer auch deutlich entspannter und gesprächiger. Kreuz und quer durch die Landschaft radelten wir, die Ruhe und die Landluft geniessend. Erst gegen Ende mussten wir uns nochmals einigen Anstiegen stellen. Diese waren aber sehr human, mussten wir doch kein ein einziges Mal den Sattel verlassen. Die Bezeichnung «Veloweg» hielt, was sie versprach. Gegen den frühen Nachmittag war es dann endlich geschafft: Die letzte Anhöhe war erklommen und die nicht unbekannte Alpwirtschaft Horben lockte zu einem wohlverdienten, grossen Coup. Da juckten die Schmerzen im Hintern auch keinen mehr, bei diesem Zuckerschmaus. Und das beste am Ganzen: Für heute hiess es nur noch rollen lassen. Die Gemüter waren doch langsam erschöpft, so wurde jeder Millimeter, der bergab ging, immens geschätzt. Auf der anderen Seite der Reuss angekommen, neigte sich die diesjährige Turnfahrt dem Ende zu. Bienenstiche, Sonnenbrände und Po-Schmerzen mal aussen vor gelassen, kamen wir alle wieder heil an… sogar das Velokörbchen.

Lieber Matthias, vielen Dank für die Organisation der etwas anderen, sehr schwitzigen, anstrengenden, nervenaufreibenden, mega coolen und lustigen Turnfahrt. Du warst ein guter Windschattengeber und Motivationsredner. Wir sind sehr froh, hast du den Weg schon einmal rekognosziert und wusstest genau, was uns erwartet. Merci! Nächstes Mal vielleicht Tour de Suisse…? ;P

— Gioia Strebel —

 

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