Skiweekend 2024 – Eine Erzählung aus verschwommen Erinnerungen

Wir schreiben den 15. im März – ich glaube, es hat bereits eingedunkelt. Ein geselliges knappes Dutzend trifft sich im Dorf mit Ski, Board und Beigemüse. Nach schneller Begrüssung, ausgezeichnetem Ski-Domino und erfolgreichem Gepäckverlad ging die Fahrt los.

Ziel: Lenzerheide
Zwischenziel: Heidiland.

Die Gruppe wurde bereits das erste Mal geteilt, da sich nicht alle sicher waren, ob wir uns im Glarner- oder Heidiland treffen. Die Wartezeit auf die Restlichen wurde genutzt, um sich mit Burgern hochkulinarisch zu verpflegen.
In allen Autos dröhnten die aktuellen Après-Ski-Hits und stimmten uns auf das bevorstehende Wochenende ein. Angekommen in der Herberge wurden die Kammern bezogen, Parfüm aufgetragen und die Haare neu frisiert. Die besten Bars der Lenz mussten ausgekundschaftet werden. Ein glatter Haufen, auf der Suche nach einem passenden Durstlöscher, folgte der Hauptstrasse bis zum Dorfrand. Ernüchterung breitete sich aus, da nichts Passendes auf Anhieb gefunden wurde oder die Barhocker bereits hochgestellt waren. Geleitet vom Durst traten wir unüberlegt in die erste Chnelle, die unseren Weg kreuzte, und fanden so wohl die letzte Raucherbar. Beim Geniessen der ersehnten Erfrischung wurde über die beste Strategie für die «Umis» oder «Drübis» diskutiert. Für jene, welche diese Begriffe nicht kennen, dürfen sich zu den Alten zählen.

Nicht schlecht geräuchert ging es in den von Locals empfohlenen Cinema-Club. Der Slogan «Disco, Dates und derbe Kater» hat seine Berechtigung, denn das Volk strömte auch trotz fortgeschrittener Stunde in die Hallen der Eskalationen. Die ElTonys unterstützten die Partylaune, und erste Kennenlernversuche wurden gestartet. Die zurechtgelegte Strategie für ein erstes «Umi» schien jedoch noch nicht zu funktionieren. Zurück in der Herberge ging der Abend zu Ende. Tagesbilanz: Umis 0 / Drübis 0.

Das reichhaltige Frühstück stärkte uns für den sportlichen Skitag. Während dem Kaffeeschlürfen schweiften die Blicke der gestrigen Partygäste durch den gut besetzten Saal. Wie viele Gäste wurden wohl bei unserer Heimkehr im Schlaf gestört? Die Zähne geputzt und der Helm bereits umgeschnallt brachte uns der Sportbus zur nahgelegenen Talstation. Bei guten Schneebedingungen und frühlingshaften Temperaturen sausten wir über die ersten Pistenkilometer. Und so weiter… Durst, aber auch ein bisschen Hunger, trieben uns in die Beiz. Die Müdigkeit nach dem Essen (oder doch zu wenig Schlaf, da unvernünftig lange im Club) vertrieben wir mit Schnaps. Zurück auf der Piste suchten wir den Fun-Park auf, um unser turnerisches Talent unter Beweis zu stellen. Mit einem Backside720Indy, McTwist oder DoubleCorkMonkey pflückten wir Beifall und Respekt bei Gleichgesinnten. Leider zog genau zu diesem Zeitpunkt der Nebel auf, sodass Aufnahmen der Sprünge nicht möglich waren – jedoch in unserer Erinnerung bleiben.

«Dä Flöru, dä Flöru spilt hüt!» Gemeint ist Florian Ast, welcher einen Gig im Skigebiet spielte. Beschlossene Sache, dass wir dä Flöru hören mussten und orientierten uns auf der Karte. Wo sind wir und wo müssen wir durch? Bei der Bar angekommen rollten die Techniker die letzten Mikrofonkabel zusammen. Sind wohl zu spät. Ohne Zeit zu verlieren, kehrten wir zurück in die Chilli-Bar. Da stand noch Geri auf dem Tresen, welche die Bar mit Partyknallern einheizte. Die Feierlaune hob sich, und alle klatschten zum Hitmedley von Geri. «Das wars, Freunde, ich bin morgen wieder für euch da.» Mist, schon wieder zu spät. Doch der Beizer intervenierte sofort und überredete Geri noch für weitere drei, vier, fünf Lieder.

Meine Befürchtung lässt nicht lange auf sich warten, und die erste Runde Shots stand auf dem Tisch. *sing* «Dem Spender sei ein Trullala… vielleicht ist noch ein Zweiter da…». Einen grossen Schluck Bier spülte der Gaumen. Mit strahlenden Augen kam die Nächste mit einem Tablett gefüllt mit Kurzen. «Dä isch besser!» Erneut erklang das Trullala. Diesmal mit dem Ende «…vielleicht ist noch ein Dritter da…». Der Schnaps war tatsächlich etwas besser. Ab da an war es geschehen. Aus allen Richtungen kamen die Tablett oder Holzbretter beladen mit Shots in allen Geschmacksrichtungen. Das längst bekannte Trullala sangen wir in der Dauerschleife. Es war tatsächlich noch ein Fünfter, Sechster, Siebter, … Spender da (Mitzählen war schon lange nicht mehr). Mal Zwetschgenlutz, dann wieder Shots oder Swizly. Ein Teufelskreis zum Elend von uns allen. Geri wurde durch eine Playlist auf einem Tablet ersetzt, hatte jedoch keinen negativen Einfluss auf die Feierlaune. Das Tanzen zu der Musik hatte nun jeder im Blut, und die Taktik für ein «Umi» wurde den Gegebenheiten angepasst. Die Shotkarte haben wir durchprobiert, und der Himmel dunkelte langsam ein.
Mit dem Anstimmen des Ottenbacherlieds flog auf, dass wir halt doch nicht vo Jonä sind. Die Pistenpatrouille erwähnte nebenbei, dass aus ihrer Sicht nicht mehr alle wie «us gsundem Holz» aussahen und es langsam Zeit für den Heimweg wäre. Einer der Gruppe hatte einen plötzlichen Hitzestau und fuhr deshalb nur mit Unterhosen ins Tal. Sehr zum Amüsement von uns allen. Die Balance auf den Skiern liess stark nach, weshalb die Patrouille uns einholte und bis nach unten eskortierte. Zurück mit dem Bus, teils noch immer halb nackt, steuerten wir in die Après-Ski-Bar im Dorf. Kaum angekommen sangen wir erneut. «Dem Spender sei ein Trullala…». Die Reservation für das Abendessen konnte zu Gunsten den Trullalas unkompliziert nach hinten verschoben werden. Sonst hätten wir bereits wieder abmarschieren müssen. Der DJ verteilte grosszügig frisch zubereitete Käseschnitten zu beschwingten Beats. Seine Geste erinnerte uns daran, dass ein Nachessen dem angesoffenen Rausch etwas entgegenwirken könnte. Zwischenbilanz: Umis 0 / Drübis 0.

Frisch geduscht und neu gekleidet zog die Bande Richtung Heid-Stübli. Der eingedeckte Tisch lässt auf zwanghaftes Überessen deuten. Es gab Fondue Chinoise mit allem, was dazugehört. Der Hosenknopf schon längst geöffnet wurden die letzten Pommes in Chimichurri getunkt und genüsslich gekaut. Ein, oder zwei Runden Verdauerli wurde schnell beim Personal bestellt, welche die Sättigung lösen sollte, damit das glustige Dessert auch noch herunter ging.
Zurück an der frischen Luft, vertraten wir die Beine während dem Anstehen für den bereits bekannten Cinema-Club. Erste Bekanntschaften wurden geknüpft und mit einheimischen Likör besiegelt. Die Party war schon voll im Gange, und das, obwohl wir erst jetzt kamen. So drängten wir uns zielstrebig an den Tanzmassen vorbei an der Bar und bestellten die ersten Drinks. Nach vorgeschrittener Zeit erkundigte ich mich aus Neugierde, aber auch wegen der journalistischen Festhaltung bei meinen Mitstreitern. «Und, wie viele ‹Umis› sind es bei dir? Zwischenbilanz: Umis 0 / Drübis 0. Ich glaube, es liegt an der schmalen Gratwanderung zwischen ’schüchtern, weil nüchtern›, und ‹kann nicht mehr stehen›, damit das mit den ‹Umis› funktioniert. Der Sound war echt super, und die Partylaune hält bis spät in die Nacht an. Vereinzelt ging es zu Fuss steil Bergauf zurück in die Herberge, damit der ersehnte Verdauungsschlaf endlich einsetzen konnte. Ich behaupte, dass der fiese Muskelkater ausschliesslich vom Bergauflaufen gekommen ist und nichts mit einem intensiven Skitag zusammenhängt. Wir hätten besser ein Taxi vor dem Club für nach Hause nehmen sollen. Das war echt zäh. Die letzten Mohikaner blieben bis zum Sonnenaufgang im Club und kosteten den Abend bis zum Schluss aus. Wecker für Sonntag gestellt. Tagesbilanz: Umis 0 / Drübis 0. Obwohl man munkelt, dass Personen bereits nach dem Essen verdächtig zurück in die Herberge gingen oder mit unbekannter Begleitung den Heimweg antraten. Ich gestatte eine Korrektur: Umis 1 / Drübis wahrscheinlich trotzdem 0.

Noch leicht verknittert wurde die Bettwäsche abgezogen, Kleider zusammengepackt und für den 2. Skitag geschminkt. Beim Frühstück sahen alle frisch und voller Elan aus. Die Zimmer abgegeben, verluden wir das Gepäck in den Autos und fuhren Richtung Sessellift. Zu oberst am Berg angekommen, konnten wir die fast leeren Weltcup-Pisten bei Sonnenschein geniessen. Die müden Beine und das schöne Wetter lassen uns bald in ein angeschriebenes Haus einkehren und bei einem Lunch den letzten Abend Revue passieren lassen. Nach ausgiebiger Pause und frisch gestärkt flitzten wir noch die letzten Pistenkilometer. Bald kam die Einsicht, dass sich die Pistenverhältnisse der Sonne wegen verändert hatten und sich unser mitgebrachtes Equipment nicht für das Wasserskifahren eignete. So beschlossen wir, die Skischuhe auszuziehen und schliesslich den Heimweg anzutreten.

Schön gsi, Danke.

 

–Raphael Crescionini–

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