Turnfahrt 2021

Stell dir vor: Samstagmittag, irgendwo tief in der Bergwelt, umgeben von der puren Natur. Ansonsten Nichts und Niemand, abgesehen von ein paar anderen fremden Wanderfreudigen, die sich in dieses Naturspektakel verirrt haben. Hoch oben, auf einem gemütlich abgelegenen, etwas versteckten Sitzplätzli mit einem fantastischen Ausblick auf den Oeschinensee, dessen Blau so intensiv wirkt, dass es schon fast künstlich aussieht. Aber nur fast. Rundherum imposante Bergspitzen, einige davon noch bedeckt mit Schnee, was dem ganzen Ambiente das gewisse Etwas verleiht. Kein einziger Regentropfen, nur heisse, spätsommerliche Sonnenstrahlen. Dazu ein Glas Wein oder Bier in der Hand, je nach Gemüt des Einzelnen. Traumhaft oder? Und genau in diesen Genuss kamen wir stolzen 22 Turnerinnen und Turner. Verdanken durften wir das dem Organisationskomitee der diesjährigen Turnfahrt.
Bis dahin hatten wir bereits eine zweistündige, angenehm staufreie Autofahrt hinter uns. Während dieser liess sich angesichts der Morgenstimmung schon erahnen, dass es ein herrlicher Tag werden würde (sowohl wetter- als auch stimmungstechnisch ;)). Wie üblich liess uns das Organisationskomitee natürlich im Unwissen, was uns heute erwarten würde. Nur Häppchenweise fütterten sie unsere hungrige Neugierde. Einziger anfänglicher Anhaltspunkt für uns; Zielort Kandersteg. Da angekommen, schwebten wir mit der Gondel bis zur Bergstation Oeschinen (der Privatjet war leider schon ausgebucht ;p), welche auch Ausgangspunkt für die bevorstehende Wanderung war. In der folgenden Stunde erwartete uns ein wunderschöner Wanderweg. Schmal zog sich dieser wie eine Schneise durch das Gebirge. Mal steinig, mal holzig, mal schiefrig, mal eben. Manchmal umgeben von Felswänden, dann wieder von viel Grün. Und immer wieder mit Aussicht ins Tal, weit weit unter uns… Bis wir eben zu Mittag auf diesem wunderschönen Rastplatz ankamen, etwas verschwitzt aber nicht überanstrengt. Da liessen wir uns auch gründlich Zeit und kosteten die Pause voll aus. («Wichtig isch; Mir hend hüt wükli vill Zyt, mir chönds gmüätlich ne.» Zitat des Hauptmanns des Organisationskomitees, 11.09.2021, ca. 07:25 Uhr, Gemeindesaalparkplatz. Das Gefolge setzte diese Anweisung mit Bravour um.) Danach folgte die zweite Etappe der Wanderung, alles wieder Bergab direkten Wegs zum Oeschinensee. Zwischendurch noch ein kleiner Boxenstopp bei einer gemütlichen Berghütte, Zeit für einen Hopfensaft oder Kafi mit Schnaps. Kurz vor Ende der Wanderung lockte es fünf schrecklose Turner/innen in den a…kalten Oeschinensee, ganz nach dem Motto «Indianer kennen keine Schmerzen». Goosebumps everywhere, aber es hat sich gelohnt. Ein paar Momente und weitere Minuten Autofahrt später konnten wir uns auch schon wieder im heissen, blubbernden Whirpoolwasser aufwärmen, mitten im Garten unseres Hostels in Interlaken. Luxus pur. Apérotime! Wo sich sonst üblicherweise 4 Personen in einem Whirpool niederlassen, quetschten sich bei uns zu Höchstzeiten ganze 8 Personen rein. Folge davon: Ganz viel Haut, Körperkontakt und ein riesen Beinchrüsimüsi in der Mitte. «Au, das isch min Oberschenkel gsi!», «Zeig mal, bisch du chützelig ade Füess…?», «He, wer het da so haarigi Bei?», «Sorry, ha mini Fuessnägel nöd gschnitte.» Ein wahrhaftiges Schauspiel. Amüsant war es, und schon fast etwas intim. Aber wir Ottenbacher Turner/innen haben ja glücklicherweise keine Berührungsängste.
Später abends dann genossen wir im Obergeschoss einer gemütlichen Beiz ein reichhaltiges, sehr vielseitiges Abendessen. Ravioli, Rahmschnitzel oder Riz Casimir, es schmeckte wunderbar. Ein obligates Dessert und einen feurigen Schnaps später machte sich die Meute auf die Pirsch. Noch nicht bereit für das Bett und in bester, aufgeheiterter Stimmung suchte man dann eine Option für den weiteren Abend. Stellte sich heraus, dass dies gar nicht so einfach war. Interlaken Downtown wirkte schon beinahe ausgestorben. Aber wir blieben hartnäckig und gaben nicht auf, bis dann auch zwei feine Spürnasen eine kleine Kneipe direkt am Fluss ausfindig machten. Ein Hoch auf euch! So genossen wir den restlichen Abend bis in die frühen Morgenstunden in diesem Lokal und konnten auch endlich wieder mal das Tanzbein schwingen.
Nach einer kurzen Nacht durften wir uns am Sonntagmorgen ob einem kleinen aber feinen Frühstücksbuffet erfreuen. Entspannt liessen wir Momente des gestrigen Abends revue passieren und hörten einander beim Storytelling zu. Bauchmuskeltraining pur, hei haben wir viel gelacht. Bis uns dann das Organisationskomitee wieder auf die Beine scheuchte und zum heutigen Highlight lotste. Riverrafting. Action war angesagt. Eingepackt in Neoprenanzügen und Schwimmwesten wurden wir mit Minibüsli ein Stuckweit hoch an den Fluss Lütschine transportiert, ein Turm von Gummibooten im Schlepptau. Kurzes Briefing, Monturcheck und ab aufs Wasser. Ein paar Ruderzüge und Flusskurven später hatten wir den Dreh langsam raus und harmonierten wunderbar im Team. Zumindest meine Crew, wie’s bei den anderen aussah kann ich nicht genau sagen… aber Mann über Bord gab es soweit ich weiss nie, zumindest nicht unfreiwillig. So cruisten wir den Fluss entlang, mal in ruhigerem Gewässer (gottseidank, Verschnaufpause!), mal in etwas turbulenterem mit viel Strudel und fiesen Steinfelsen, die sich teilweise darin versteckten. Man konnte schon fast meinen, der Boot guide führte uns extra zu den tückischen stellen… Who know’s. 😉 Spass hatten wir allemal. Am Nachmittag erreichten wir dann den Brienzersee. «Endstation Kinder, wer will kann noch in den See spr…» zagg, alle schon im Wasser. Auf dieses Kommando haben wir nur gewartet. Und schon wieder a…kalt. Aber wir hatten mittlerweile ja Übung. Zumindest die fünf Indianer unter uns. Pflotsch nass wie Hunde aber glücklich wie kleine Kinder hiess es dann ab ins Auto und zurück zum Ausganspunkt. Raus aus den nassen Anzügen (was nicht ganz einfach war, wie wir feststellen mussten, denn sie waren mehr als hauteng…) und schnell umziehen. Dann noch ein Gratisgetränk von unseren super Boot guides, die uns mit viel Spass und Humor sicher Flussabwärts begleitet haben.
So neigte sich das Weekend langsam dem Ende zu, einmal mehr viel zu schnell, und es hiess «It’s time to say goodbye…». Aber natürlich nicht, ohne dem Organisationskomitee gebührend mit einem lauten, wohlverdienten Applaus zu Danken.
Merci Yves und Schneck, es war grandios!
–Gioia Strebel–